Abschied von einem Zeitzeugen - Antonio Karl-Heinz Thermer verstorben
Archiv Aufnahme von Antonio Karl-Heinz Thermer, Copyright: Denkort Bunker Valentin/LzpB
Im Alter von 86 Jahren ist Antonio Karl-Heinz Thermer am 11. Mai 2012 in Bremerhaven verstorben. Diese Nachricht erfüllt uns, die ihn in seinem letzten Lebensjahr kennenlernen und - trotz schwerer Krankheit - als lebensfrohen und kämpferischen Mann erleben durften, mit großer Trauer. Als Zeitzeuge der Bunkerbaustelle war Herr Thermer Ehrengast der Eröffungsveranstaltung des "Denkort Bunker Valentin" im Mai 2011 in Bremen-Farge. Darüber hinaus stellte er sich einem umfangreichen lebensgeschichtlichen Interview zur Verfügung, welches wir medial aufzeichnen durften. Der persönliche Kontakt zu ihm war für uns eine menschlich wertvolle Erfahrung. Seine bewegte Geschichte wird ihren Platz im „Denkort Bunker Valentin“ finden.
Biografischer Werdegang:
Antonio Karl-Heinz Thermer wurde 1925 als Sohn einer evangelischen Mutter und eines jüdischen Vaters in Bremerhaven-Lehe geboren. Als Kind trat er auf eigenen Wunsch 1936 der Hitlerjugend bei, wurde aber schon nach wenigen Wochen wegen seiner „jüdischen Herkunft“ wieder ausgeschlossen. Seine Jugendzeit ist geprägt von der Verfolgung als „Jüdischer Mischling ersten Grades“. Als 15jähriger musste er sich regelmäßig bei der Gestapo melden. Im Sommer 1943 wurde er von SS-Männern unter dem Vorwand, Mitglied einer jüdischen Widerstandsbewegung zu sein, verhaftet und im Gestapo-Gefängnis in Bremerhaven inhaftiert. In der Haft wurde er von Gestapobeamten gefoltert. Im Oktober 1944 wurde Karl-Heinz Thermer in das Arbeitserziehungslager Farge verlegt. Als er das Lager das erste Mal betrat, war er entsetzt über die abgemagerten Häftlinge, die er sah. Die Lebensbedingungen im Lager waren fürchterlich, das Essen war schlecht und die Situation in den Baracken unerträglich. Zwei oder drei Mal musste er zur Zwangsarbeit auf die Bunkerbaustelle. „Der U-Boot-Bunker-Bau war eine tödliche Sache“, sagte er 2006 in einem Interview. Schon im Gefängnis und später im Lager erlebte er die Solidarität von Mithäftlingen. So verhinderte der kommunistische Lagerschreiber in Farge seine Deportation nach Theresienstadt. Stattdessen wurde er ins Konzentrationslager Duingen, einem Außenlager von Neuengamme, verlegt. Die Bedingungen dort waren, verglichen mit denen in Farge, „wie der Himmel auf Erden“. In Duingen wurde Karl-Heinz Thermer Ende April 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Anschließend kehrte er nach Bremerhaven zurück. Bei der Beantragung eines Personalausweises erfuhr er, dass er als „Staatenloser“ geführt werde. Erst durch die Intervention eines amerikanischen Offiziers erhielt er wieder einen Ausweis. Trotz allem beschloß er, in Deutschland zu bleiben; er fühlte sich in Lehe zu Hause. Nach dem Krieg trat Karl-Heinz Thermer der VVN und später der KPD bei. Im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD 1956 wurde seine Wohnung durchsucht; ein weiteres Mal erlebte er politische Repression durch den Staat. Trotz allem setzte er seine politische Arbeit fort und engagierte sich beispielsweise jahrelang als Betriebsrat bei der „Nordsee“.