Geschichte

Historisches Journal

15. Juni 1982: Ortsbesichtigung in Bremen-Farge

Am 15. Juni 1982 trafen sich Mitarbeiter der Bauabteilung der Oberfinanzdirektion Bremen am ehemaligen U-Boot-Bunker „Valentin“ in Bremen-Farge mit Vertretern der Bundesmarine, die dort seit den 1960er Jahren ein Materialdepot betrieb. Hinzu kamen einige Vertreter privater Firmen aus dem Bau- und Ingenieurswesen: Drei Mitarbeiter der Firma Hecker aus Oldenburg, ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma Wayss & Freytag, die seinerzeit die Betonträger für das Bunkerdach gefertigt hatte und drei Mitarbeiter des Ingenieurbüros Lackner & Partner, darunter auch dessen Chef, Erich Lackner, ehemaliger Chef der Bunkerbaustelle, inzwischen Professor in Hannover und Inhaber eines gut gehenden Ingenieurbüros.

Wieder einmal ging es um die Sanierung und die Instandhaltung des riesigen Bunkers und wer kam dafür besser infrage, als einer seiner Erbauer, Erich Lackner? Zeit seines Lebens war er stolz auf das, was er zwischen 1943 und 1945 im Auftrag der Kriegsmarine errichtet hatte. Noch 1981 schwelgte er in einem Interview in Erinnerungen an die besondere Ausrüstung der Baustelle mit angeblich etwas 30 000 Tonnen Maschinen. Befragt zu den Arbeitsbedingung ließ Lackner wissen, die Bedingungen auf der Baustelle wären für alle gleich gewesen. Er selbst habe damit aber ohnehin nichts zutun gehabt, er sei ja schließlich nicht Bauleiter, sondern nur Leiter des Planungsbüros gewesen.

Dienstzeitbestätigung der SA, Hilfswerk Nord-West, für Erich Lackner, Bild: Bundesarchiv Berlin

 
Lackner präsentierte sich als Ingenieur, als Techniker, der eine Aufgabe zu  erfüllen hatte. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ein Blick in seine Biographie stellt diese Selbstsicht in Frage, den Lackner war eben nicht nur ein Ingenieur, der 1934 in Wien sein Examen abgelegt hatte. Er war auch ein überzeugter Nationalsozialist, der kurz nach seinem Universitätsabschluss nach Deutschland fliehen musste, weil er sich am Juli-Putsch in Österreich beteiligt hatte, einer Aktion, die mit Hitlers Marsch auf die Feldherren-Halle 1923 vergleichbar ist. Viele österreichische Nationalsozialisten mussten danach nach Deutschland fliehen. Lackner gelangte nach München und trat dort dem „Hilfswerk Nord-West“ bei, das wiederum die Nachfolgeorgansation der sogenannten Österreichischen Legion war, die den Putschversuch getragen hatte.

Protest: Bei der Einweihung des Mahnmals, das an die Zwangsarbeiter in Farge erinnert, wird auch Lackners Beteiligung thematisiert, Bild: Heimatverein Farge-Rekum 

All dies, seine Vergangenheit in der SA, seine Mitverantwortung für den Einsatz und die Lebensbedingungen von über 10 000 Zwangsarbeitern zwischen 1943 und 1945, spielten nach dem Krieg keine Rolle mehr. Lackner machte sich in Bremen-Vegesack als Ingenieur selbstständig, sein Büro plante Hafenanlagen in der ganzen Welt. Und er blieb der führende Experte für den Bunker „Valentin“. Schon kurz nach Kriegsende führte er die ersten alliierten Kommissionen über die Baustelle, die sich sehr für die geplante Werft interessierten. Lackner selbst verarbeitete seine Erfahrungen während des Bunkerbaus nur in technischer Hinsicht. In seiner 1977 zusammen mit seinem Mentor Arnold Agatz verfassten Schrift „Erfahrungen mit Grundbauwerken“ hieß ein Kapitel: „Bombengeschützte Montagewerft für Unterseeboote an einem norddeutschen Tidefluß“. Technische Details und Berechnungen finden sich zuhauf, Hinweise auf die Rahmenbedingungen natürlich nicht. Noch oft wurde er herangezogen, wenn es um Umbauarbeiten am Bunker „Valentin“ ging.
Lackner starb 1992 als wohlhabener Mann in Bremen, ohne sich jemals in irgendeiner Weise für seine Beteiligung am Baus des Bunkers Valentin verantwortlich gefühlt zu haben.

 

 

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