Bild- und Filmdokumente
968 Fotos von der Bunkerbaustelle liegen im Bundesarchiv in Koblenz, etwa 100 Minuten Film, ein Teil davon in Farbe, werden vom Bundesfilmarchiv in Berlin verwahrt. Sie fanden sich nach dem Krieg im Besitz der Familie von Hans- Joachim Steig, der in seiner Funktion als Marinebaurat auf der Baustelle Verantwortung trug und selbst oft auf den Aufnahmen zu sehen ist. Bilder und Film wurden vom Bremer Fotografen Johann Seubert im Sommer und Herbst 1944 aufgenommen. Den Auftrag dazu hatte er von der Organisation Todt und der Bremer Werft AG „Weser“ erhalten. Als „Kreisfilmberichterstatter“ der NSDAP hatte er bereits die Bremer Wollkämmerei filmisch dokumentiert. Nun erhielt er seine nächste große Aufgabe, für den er eigens vom Polizeidienst, seiner eigentlichen Tätigkeit, freigestellt wurde.
Weder der Film noch die Bilder zeigen die Realität auf der Bunkerbaustelle und in den Lagern vollständig. Zu sehen lediglich einen Ausschnitt dieser Realität, jener Ausschnitt, den die Auftraggeber gewählt hatten: Die Technik, die Abläufe der einzelnen Arbeitsschritte, Transportwege, Materialproben und die Planer selbst, die sich als Herren der Baustelle inszenieren ließen.
Der Film besteht in erster Linie aus Panorama-Einstellungen und langsamen, stetigen Kamerabewegungen. Nahaufnahmen existieren kaum, sondern vor allem Blicke aus der Totalen oder Halb-Totalen. Einzig den Architekten und Technikern gesteht der Filmende Individualität und Macht zu. Die Zwangsarbeiter sind hingegen als funktionierende Rädchen im Getriebe aufgenommen. Die realen Gewaltverhältnisse auf der Baustelle bleiben unsichtbar, weil weder Anweisungen noch Bestrafungen ins Bild kommen. Nur eine einzige kurze Filmsequenz zeigt einen Wachmann, der Zwangsarbeiter zum Arbeiten antreibt. Es finden sich auch keine Aufnahmen von Zählapellen, von Bestrafungen, von den Kolonnen, die jeden Tag zwischen Bunkerbaustelle und den Lagern marschierten. Die Bedingungen, unter denen sie arbeiten mussten, die alltägliche Gewalt der Wachmannschaften, der Vorarbeiter oder der Funktionshäftlinge liegen außerhalb des Ausschnittes, den der Kameramann gewählt hat, obwohl sie unzweifelhaft zu sehen gewesen sind.
Auch die Fotos dokumentieren in erster Linie die technischen Abläufe auf der Baustelle. „Geheim“ wurde auf die Rückseiten gestempelt, die Aufnahmen waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Deshalb sind hier auch Fehler, Unfälle und das Nichtfunktionieren der Technik zu sehen. In einem Fall wird aus Versehen sogar ein Regelverstoß gezeigt: Ein Wachmann mit auf dem Rücken geschnallten Karabiner ist auf diesem Bild zu sehen, wie er Arbeitern hilft, denen offenbar ein schwerer Träger einen Abhang hinab zu rutschen scheint. Schon Unterhaltungen zwischen Wachen und Gefangenen waren untersagt, wenn sie nicht arbeitsnotwendig waren. Arbeitern zu helfen und dabei die eigene Entwaffnung zu riskieren, verstieß in jedem Fall gegen die Befehle. Allerdings fällt diese Szene nicht sofort auf. Sie war nicht das Motiv, das Johann Seubert fotografieren wollte. Er dürfte aus den Soldaten in der Gruppe der Zwangsarbeiter kaum wahrgenommen haben. Denn die eigentliche Aufnahme ist eine aus großer Distanz aufgenommenen Totale. Erst bei Vergrößerung des Bildes wird der Soldat mit dem Gewehr sichtbar.
Die Bilder der Baustelle zeigen also nicht die Realität, aber manchmal zeigen sie unbeabsichtigt Szenen, die zumindest Rückschlüsse auf die Arbeitsbedingungen auf der Baustelle zulassen. Verstehbar werden die Bilder erst, wenn sie mit den übrigen Quellen verglichen werden: Dokumente, wie ein Ernährungsgutachten der Universität Eppendorf, dass den schlechten Ernährungszustand der Häftlinge feststellt, Berichte von Überlebenden, die von der Gewalt der Wachmannschaften, Vorarbeiter und Funktionshäftlinge berichten.