Murat (Frankreich)

Juni 1944

Schwarz-Weiss-Aufnahme aus Vogelperspektive, zerstörte Häuser auf einem Platz.
Zerstörte Häuser in Murat, 1944, als Teil der Vergeltungsmaßnahmen (c) A. Laqueille collection MD Cantal

Am 12. Juni 1944 begab sich der Kommandeur der Sicherheitspolizei in Süd-Frankreich, SS-Hauptsturmführer Hugo Geissler, in das etwa 2 500 Einwohner zählende Städtchen Murat in der Auvergne. Die Stadt lebte hauptsächlich von Tierhaltung und Käsehandel. Der Krieg, die deutsche Besatzung hatten sie bislang weitestgehend verschont. Zwar war der lokale Widerstand nicht untätig. Seit der Einführung des Pflichtarbeitsdiensts Anfang 1943 hatte der sogenannte „Maquis“ auch verstärkten Zulauf erhalten. Für die Mehrheit der Bevölkerung Murats allerdings beschränkte sich die deutsche Besatzung im Frühjahr 1944 auf vorbeiziehende Truppen.

Hugo Geissler war nach Murat gekommen, um im Rathaus Verhöre gegen vermutete Widerstandskämpfer und Sympathisanten durchzuführen. Widerstandseinheiten nutzen die Gunst der Stunde. Beim Verlassen des Rathauses wurde Geissler zusammen mit weiteren deutschen Soldaten und Feldgendarmen erschossen. Heftige Schusswechsel folgten, allerdings zogen sich die deutschen Soldaten zunächst zurück.

Sommerlicher Blick über Hausdächer auf einen kleinen Platz mit imposanten Gebäude, dahinter begrünte Landschaft.
Das heutige Murat mit Blick auf das Rathaus. Von dieser Position aus haben die Widerstandskämpfer auf die deutschen Polizeiangehörigen und die französischen Milizionäre geschossen. Hugo Geissler war aus der roten Tür im linken Flügel des Rathauses getreten und tödlich getroffen worden. Foto: Christine Eckel

Für die Bevölkerung war eines klar: es würde nicht dabei bleiben. Denn nur wenige Tage zuvor hatten Einheiten der Waffen-SS-Division „Das Reich“ ein Massaker im 400 Kilometer westlich von Murat gelegenen Städtchen Oradour-sur-Glâne verübt. Nahezu alle Einwohner wurden ermordet, das Dorf völlig zerstört. Unmittelbar vorher waren im südlich gelegenen Tulle 99 Geisel öffentlich erhängt worden. Diese Vernichtungsaktionen wurden offiziell als „Vergeltungsmaßnahmen“ dargestellt. Ähnliches fürchteten nun auch die Einwohner von Murat. Diejenigen, die es sich leisten konnten, flohen aus Murat, versteckten sich bei Verwandten in den umliegenden Dörfern. Doch zunächst passierte nichts. Nach 10 Tagen Warten kehrten die Meisten zurück. 

Dann kam der 24. Juni 1944, ein Samstag. Früh morgens wurde das Städtchen von deutschen Wehrmachtstruppen komplett umzingelt. Später fing die Razzia an: die Häuser wurden systematisch durchsucht, alle Männer zwischen 18 und 50 Jahren verhaftet. ‚Papierkontrolle‘ hieß es offiziell. Am Ende des 24. Juni 1944 wurden 119 Geisel ins Militärgefängnis von Clermont-Ferrand transportiert, von da weiter in das Sammellager von Compiègne, nördlich von Paris. In der zweiten Juli-Hälfte wurden sie in zwei Transporten in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert. Die Mehrheit der deportierten Muratais wurden kurze Zeit nach der Ankunft im Lager auf die Außenlager des KZ verteilt. Zahlreiche von ihnen kamen in das Außenlager Bremen-Farge, wo sie Zwangsarbeit beim Bau des Bunkers Valentin leisten mussten. Von den 119 deportierten Männern aus Murat kehrten ein Jahr später nur 34 nach Frankreich zurück.

Bildnis von 14 Männern sitzend auf Stühlen, schwarz-weiss Aufnahme
Treffen der überlebenden Deportierten, Foto aus dem Jahr 1957 (c) Collection MD Cantal
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