Raymond Portefaix

Weiterleben nach der Razzia

Gezeigt wird ein schwarz-weißes Foto, es ist eine Nahaufnahme von einer jungen, männlich gelesenen Person. Er hat kurz geschorene Haare und trägt ein Hemd, der oberste Knopf wurde offen gelassen. Dazu trägt er ein Sakko. Der Blick ist eher ernst, aber trotzdem lächelt der Mann leicht.
Raymond Portefaix nach seiner Rückkehr aus der Deportation, Sommer 1945
Quelle: Archives départementales du Cantal, Aurillac

Der Hölle entkommen

Am 4. Juni 1945, wenige Tage vor seinem 19. Geburtstag, kehrte der Franzose Raymond Portefaix in die heimatliche Auvergne zurück. Ein Jahr vorher, am 24. Juni 1944, war er, zusammen mit über 100 Männern aus seiner Stadt Murat, Opfer einer „Vergeltungsaktion“ der Wehrmacht gewesen und wenige Wochen später ins Konzentrationslager Neuengamme deportiert worden. Nur 34 von ihnen überlebten die unmenschlichen Arbeits- und Haftbedingungen. Der junge Raymond Portefaix war einer von ihnen.

Schreiben um zu überleben

Abgebildet wird eine Karikatur, auf dieser ist ein Mann mit einem gestreiften Hemd zu sehen. Der Mann steht hinter einem Stacheldrahtzaun und berührt diesen, was andeuten soll, dass er nicht mehr hinter diesem Zaun bleiben möchte. Auf der linken Seite des Hemds steht die Nummer "37174", es ist eine Häftlingsnummer aus einem KZ. Der Künstler der Karikatur ist Raymond Portefaix, der Name steht unten rechts im Bild.
Buchcover französisch: „L’enfer que Dante n’avait pas prévu“(deutsch: Die Hölle, die Dante nicht vorhergesehen hatte), 1947
Quelle: Privatarchiv der Familie Portefaix

Für die traumatisierten KZ-Überlebenden stellte sich der Weg zurück ins „normale“ Leben als eine brutale Herausforderung heraus. Wie erzählen, was einem widerfahren ist? Wie weiterleben mit dem Gefühl der Schuld, als einer der wenigen überlebt zu haben? Die Eltern von Raymond Portefaix rieten ihm, das Erlebte aufzuschreiben. Zunächst erschienen seine Erinnerungen in einer Lokalzeitung, 1947 dann als Buch. Es trug den Titel „Die Hölle, die Dante nicht vorhergesehen hat."

Weiterleben

Gezeigt wird eine Momentaufnahme aus einem Interview, im Vordergrund sieht man einen <br />
Mann mit Brille und einem grauen Bart sowie grauem Haar. Er trägt einen Anzug mit Krawatte und Hemd und hat die linke Hand zur Faust geballt, weil er gerade spricht. Im Hintergrund sieht man eine Uhr und einen Ofen zum heizen.
Interview von Raymond Portefaix durch Thomas Mitscherlich, Paris 1988
Quelle: Denkort Bunker Valentin / LzpB Bremen

Raymond Portefaix studierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Er wurde Vater von vier Kindern, denen er nie etwas über seine KZ-Haft erzählen konnte. Für den Film „Der Bunker“ erklärte er sich 1988 bereit, die lange verdrängten Erinnerungen an die Zeit in Farge zurück zu holen. Das Interview fand in seiner Pariser Wohnung statt. Von dem Interview erfuhren seine Kinder erst 35 Jahre später.

50. Jahrestag der Razzia

Gezeigt wird ein Foto, welches mehrere Menschen abbildet. Im Vordergrund ist ein älterer Mann mit Bart zu sehen, er trägt einen Anzug mit Krawatte und Hemd und hält in seinen Händen eine Mappe, aus der er vorliest. Hinter ihm stehen verschiedene Personen, die teilweise eine französische Flagge halten.
Gedenkveranstaltungen anlässlich des 50. Jahrestags der Razzia in Murat, 24. Juni 1994 Quelle: Privatarchiv der Familie Portefaix

An den Gedenkveranstaltungen, die jedes Jahr im Juni in der kleinen Stadt Murat organisiert werden, nahm Raymond Portefaix nur selten teil. Der 50. Jahrestag der Razzia stellte ein besonderes Datum dar. Zu dem Anlass hielt er eine Rede am Pont Notre-Dame, dort wo am Nachmittag des 24. Juni 1944 die über 100 Geiseln zusammengepfercht worden waren. Nach Deutschland kehrte Raymond Portefaix nie zurück.

Graphic Novel

Gezeigt werden mehrere nah fotografierte Bücher, das Cover enthält eine im Comic-Stil gezeichnete Abbildung von KZ-Häftlingen.
Jens Genehr, „Valentin“, Golden Shop Verlag 2019
Quelle: Denkort Bunker Valentin / LzpB Bremen

Teile des Berichts von Raymond Portefaix wurden für das Buch „Hortensien in Farge“ (Donat Verlag, 1995) ins Deutsche übersetzt. Dem Bremer Künstler Jens Genehr dienten sie, neben dem 1988 durch Thomas Mitscherlich und Barbara Johr geführten Interview für den Film „Der Bunker“, als Grundlage für seine Graphic-Novel „Valentin“.

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