Die Baustelle in Öl

Der Blick der Täter:innen auf die Baustelle

Gezeigt wird ein in einem Rahmen aufgestelltes Gemälde. Es wurde mit Ölfarben gemalt. Das Gemälde zeigt die Baustelle des Bunker "Valentin", man sieht noch nicht fertiggestellte Gebäude und Kräne, die um diese Gebäude stehen. Im Vordergrund ist ein Hügel aus Sand zu sehen.
Gemälde des Schleusenbeckens im Bau, Herbst 1944
Quelle: Denkort Bunker Valentin / LzpB Bremen

Im Herbst 1944 malte der Künstler Paul Ernst Wilke Bilder auf der Baustelle. Hier ist das Schleusenbecken im Bau zu sehen. Auftraggeberin war die Marinebauleitung. Das Bild war ein Geschenk für Arnold Agatz, den Chef des Planungsbüros „Agatz & Bock“.

Erich Lackner als Erbe

Abgebildet ist ein Dokument, geschrieben mit einer Schreibmaschine. Es wurde Bezug auf ein Schreiben vom 10.10.1979 genommen. Das gezeigte Dokument ist vom 18.10.1979 und wurde in Bremen-Lesum ausgestellt.  Weitere Informationen zum Bild finden Sie im Transkript des Bildes
Schreiben von Erich Lackner an Arnold Agatz, 18.10.1979 Quelle: Historisches Museum Bremerhaven

Transkript:

o. Prof. Dr.-Ing. Erich Lackner: Beratender Ingenieur VBI, Prüfingenieur für Baustatik

282 Bremen-Lesum, den 18.10.1979, Lesmonastraße 30b, Telefon: 66 90 34, Privat: 63 14 98, Prof. La/Lw

Herrn Prof.em.Dr.-Ing. E.h. Arnold Agatz, Friedrich-Mißler-Str. 47, 2800 Bremen 1 [Handschriftliche Unterschrift, nicht lesbar]

Betr.: Übereignung des Ölgemäldes "Valentin-Bunker" von Paul-Ernst Wilcke

Bezug: Ihr Schreiben vom 10.10.1979

Lieber Herr Agatz, Ihre Mitteilung, daß das obige Bild nach Ihrem Ableben in meinen Besitz übergehen soll, hat mich tief bewegt. Sie haben mir mit Ihrem Schreiben und mit diesem angekündigten wertvollen Geschenk eine ganz besondere Anerkennung zuteil werden lassen, wofür ich Ihnen von ganzem Herzen danke. Ich bin mir im klaren darüber, daß das große Vertrauen, das sie mir damals als dreißigjährigem Ingenieur mit der Übertragung der Leitung des Planungsbüros für dieses schwierige und einmalige Ingenieurbauvorhaben entgegengebracht haben, keinesfalls selbstverständlich war. Für mich war es in verschiedener Hinsicht die wichtigste Aufgabe meines Lebens. Durch Ihre fürsorgliche laufende Betreuung konnte ich mich dabei ingenieurmäßig und menschlich entwickeln und so den gestellten Anforderungen zunehmend entsprechen. Die Situation zwang einen zu gut durchdachten und zutreffenden aber trotzdem außerordentlich kurzfristigen Entscheidungen. Diese Schulung hat mir nach dem Krieg bis heute in vielen Fällen gut Dienste geleistet. Da ich dem Jahrgang 1913 angehöre, war mein damaliger Einsatz zweifellos eine entscheidende Voraussetzung, die letzten Kriegsjahre heil zu überstehen. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen nochmals für alles danken, was Sie ab meiner Studentenzeit in Berlin und später als hervorragender Lehrmeister und vorbildlicher Chef und vielfaches Vorbild für mich getan haben. 

Das Ölgemälde von [handschriftlich ein "m" ergänzt] Valentin wird eines Tages - und ich hoffe, es ist noch sehr lange bis dahin - einen Ehrenplatz in meinem Arbeitszimmer finden und mich ständig an meinen Altmeister und die gemeinsamen Ingenieurarbeiten erinnern. 

Mit herzlichen Grüßen, auch an Ihre hochverehrte Frau Gemahlin, gleichzeitig auch im Namen meiner Frau, verbleibe ich 

Ihr dankschuldiger und sehr ergebener Erich Lackner [Name handschriftlich als Unterschrift hinzugefügt].

Arnold Agatz kündigte seinem ehemaligen Mitarbeiter im Oktober 1979 an, ihm das Bild nach seinem Tod zu überlassen. Lackner hatte ab 1943 das Planungsbüro in Farge geleitet. In seinem Dankschreiben sprach Lackner vom Bau des Bunkers „Valentin“ als „wichtigste Aufgabe“ seines Lebens. Er habe sich „ingenieurmäßig und menschlich“ entwickeln können. Gleichzeitig war Lackner klar, dass er wegen der Aufgabe in Farge nicht zum Kriegsdienst einberufen worden war und so unter Umständen dem Tod an der Front entgangen war. Lackner verliert kein einziges Wort über den Einsatz oder das Leid der Häftlinge während dieses „einmaligen Ingenieurbauvorhabens“. Bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma „Lackner & Partner“ hing das Bild in Lackners Büro. Seine Sekretärin verwahrte es danach und schenkte es später dem Verein „Geschichtslehrpfad Lagerstraße“. 

Malen für die Kriegsmarine

Gezeigt wird ein schwarz-weißes Bild. Es zeigt einem Mann (Paul Ernst Wilke), der vor einer Staffelei mit einer Leinwand darauf steht. Der Mann hält einen Pinsel in der rechten Hand und in der linken Hand hält er eine Palette mit verschiedenen Farben. Im Hintergrund sieht man verschiedene Gemälde, die unter anderem ein Segelboot und Naturszenen zeigen.
Paul Ernst Wilke (1894-1971)
Quelle: privat

Paul Ernst Wilke wurde in Bremerhaven geboren. Er studierte an der Kunstschule Bielefeld, an der Berliner Kunstakademie und der Bremer Kunstgewerbeschule. 1939 zog er in die Künstlerkolonie Worpswede. Wilke stand in der Tradition des deutschen Impressionismus. Warum er von der Kriegsmarine ausgewählt wurde, die Bunkerbaustelle zu malen, ist nicht überliefert. 

Ein Geschenk für den Großadmiral

Abgebildet ist die Nahaufnahme eines mit Ölfarben gemalten Gemäldes. Auf dem Gemälde ist die Baustelle der Ostseite des Bunkers "Valentin" zu sehen. Am Gebäude sieht man Rampen aus Holz sowie Kräne. Links vor dem Gebäude steht ein Container. Zentral vor dem Gebäude liegen Bauteile. Rechts im Bild sieht man einen mit Gras bewachsenen kleinen Hügel.
Ölgemälde der Ostfassade des Bunkers, Herbst 1944
Quelle: Jan K. Kube: Orden - Alte Waffen - Militaria - Literatur - Historische Objekte, Schloss Sugenheim, 24.10.2009

Wilke malte mindestens ein weiteres Bild auf der Bunkerbaustelle. Die Inschrift des Messingschildes auf dem Rahmen hält fest, dass es anlässlich des Besuchs von Großadmiral Karl Dönitz angefertigt wurde. Es wurde im Oktober 2009 von einem süddeutschen Auktionshaus für 3.000 Euro an einen Sammler in den USA versteigert. Allerdings wurde es fälschlich dem im Nationalsozialismus hochgeschätzten Maler Paul Mathias Padua zugeschrieben, was den Preis in die Höhe getrieben haben dürfte.

Verbrechen auf Leinwand

Gezeigt wird ein Gemälde, was die Arbeit im Steinbruch des KZ Flossenbürg zeigt. Im Hintergrund sieht man ein Waldstück. Links im Bild sieht man Männer, die große Steine transportieren sowie einen Kran. Rechts im Bild sieht man ebenfalls arbeitende Männer, die auf den Steinen stehen oder sitzen und auf besagten Steinen hämmern. In der Mitte des Bildes sieht man eine Art Grube, in welcher ebenfalls Männer arbeiten und auf Leitern stehend Steine transportieren.
KZ-Häftlinge im Steinbruch des KZ Flossenbürg, Gemälde von Ernst Mercker, 1938
Quelle: Deutsches Historisches Museum

Nicht nur in Farge wurde der Einsatz von Zwangsarbeiter:innen oder KZ-Häftlingen auf Leinwand verewigt. In der KZ Gedenkstätte Flossenbürg ist ein Gemälde erhalten geblieben, dass ein Arbeitskommando im Granitsteinbruch außerhalb des kurz zuvor eingerichteten Lagers zeigt. Kommandos wie diese waren tödlich. Für die Lager-SS war der Granitabbau unter Ausnutzung von KZ-Häftlingen kein Verbrechen, sondern Ausdruck der von den Nationalsozialisten angestrebten Gesellschaftsordnung. Deshalb ließen sie Szenen, die eigentlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit zeigen, in Öl malen. Das Bild von Mercker wurde 1941 in der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München gezeigt. 

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